Von Lovana Veal
REYKJAVIK (IDN) – Die Regierungschefs der fünf größten nordischen Länder kündigten vor kurzem ihre gänzliche Unterstützung für die Nachhaltigkeitsziele (SDGs) an, welche die Vereinten Nationen verabschiedeten.
Die Initiative, welche als Nordische Schlussfolgerungen zu den globalen Herausforderungen (Nordic Solutions to Global Challenges) bezeichnet wurde, ist erstmals 2015 zum Tragen gekommen, als das Pariser Abkommen über den Klimawandel und die Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung angenommen wurden. Im Rahmen der Agenda wurden 17 SDGs festgelegt.
Seit den UN-Klimaabkommen 2015 in Paris (COP 21) wurde das Programm weiterentwickelt und auf einer Sitzung des Nordischen Ministerrates am 30. Mai 2017 gestartet, an der die Premierminister von Dänemark, Island, Norwegen, Schweden und Finnland teilgenommen haben.
Eins der Ziele ist es, nordische Kenntnisse über den ökologischen Wandel (green transition), die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz sowie nachhaltige Nahrungsmittel- und Wohlfahrtslösungen vorzustellen und an der Nordischen Region zu beweisen, dass Nachhaltige Entwicklung das Wirtschaftswachstum nicht beeinträchtigen muss.
Mit einer Finanzierung von knapp 10 Millionen Euro umfasst die zweijährige Initiative sechs Flaggschiff-Projekte, die alle auf den Nord-Erfahrungen beruhen – Energielösungen, Klima-Erfordernisse, nachhaltige Stadtentwicklung, Gender-Effekte am Arbeitsplatz, Wohlfahrtslösungen und Lebensmittel-Politik-Erfordernisse – was die meisten SDGs tangiert.
Hinsichtlich der SDGs haben die Nord-Länder umfangreiche Erfahrungen mit Solar-, Wind-, Hydro-, Geothermie-, und Biomasse-Stromversorgung und viele ihrer Lösungen könnten auch woanders angewendet werden.
Vorrangige Aktivitäten in der Initiative „Energielösungen“ beinhalten die Ermittlung von Lücken in Politik, Finanzierung und Technologie für erneuerbare Energien in den Entwicklungsländern sowie Möglichkeiten, diese Lücken zu reduzieren, um weitere Investitionen zu nutzen.
Ziel ist es, bestehende Lösungen und Einrichtungen für das UN-Ziel „nachhaltige Energie für alle“ auf nationaler und internationaler Ebene eher zu ergänzen als zu duplizieren.
Das Projekt wird sich auf einige spezifische Länder in Ostafrika konzentrieren, in denen nordische Regierungen, Unternehmen und andere Organisationen schon beteiligt sind und wo der Spielraum für weitere Expansion gegeben ist.
Obwohl die Initiative „Energielösungen“ vor allem SDG 7 „erschwingliche und saubere Energie“ anspricht, dient dies, laut Projektkoordinator Svend Soyland, auch als Hauptschlüssel für Armutsbekämpfung, verbesserte Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichstellung, ökonomisches Wachstum, nachhaltige Stadt- und Gemeinde-Entwicklung und Klimaschutz-Aktionen (SDGs 2, 3, 4, 5, 8, 11, 13). Schließlich setzt dies den Partnerschaftsansatz (SDG 17) frei, der nötig ist, um all diese Ziele zu verwirklichen.
„Klimaschutz-Lösungen“ umfassen zwei Aspekte: die Reform der Versorgung mit Fossilen Brennstoffen (FFSR) und das Programm Nordic-Green-to-Scale (Nordische Klimastrategien).
Das Ziel der FFSR ist es, freiwillige Reformen zu unterstützen, vorzugsweise durch die Einführung von Maßnahmen wie CO2-Preis-gestaltung oder Umgestaltungen von Haushaltseinsparungen als Alternativen zu Klimaschutz und ähnlichen Maßnahmen. Neben dem Abbau von Emissionen wird dies auch als Inspiration für andere Entwicklungsländer dienen, die mit ähnlichen Bedingungen konfrontiert sind.
Das Green-to-Scale-Programm umfasst 15 erfolgreiche, feststehende Klimastrategien, die in einem oder mehreren der nordischen Länder angewandt werden, wie z.B. Wärmepumpen in Wohnhäusern, kohlenstoffarme Energie in der Industrie und im Dungmanagement. Wenn das Programm in vergleichbaren Ländern weite Verbreitung findet, könnte diese Initiative bis 2030 4,1 Gt CO2-Äquivalente einsparen, oder noch mehr, wenn Länder ihre Programme über das nordische Niveau hinaus steigern.
Die Initiative nachhaltige Stadtentwicklung unter der Leitung von Hans Friedberg bezieht sich auf das SDG-Ziel 11: Nachhaltige Städte- und Gemeindeentwicklung. Das Programm wird in enger Kooperation mit nationalen Handelsförderungs-Agenturen, Gruppenzusammenschlüssen und Unternehmen durchgeführt und wird die Zusammenarbeit zwischen Anteilseignern aus dem Norden und erweiterten Exportmöglichkeiten dominieren. Eine Konferenz im September 2017 wird die Rolle des nordischen Modells für die Städte der Zukunft prüfen.
„Die (Nord)-Region hat bewiesen, dass gleiche Rechte für Frauen und Männer bei der Arbeit Wohlstand, Produktivität und wirtschaftliche Entwicklung schaffen“, sagt Julia Fäldt-Wahengo, welche die Projektidee ins Leben rief und das Konzept dafür entwarf. Als Senior-Beraterin begleitet sie nun das Voranschreiten der Arbeit, während die Projekt-Durchführung von Line Christmas Moller geleitet und koordiniert wird.
Genau wie die Geschlechtergleichheit waren Gesundheitswesen und Wohlfahrt die Ecksteine Nordischer Gesellschaften. „Wohlfahrtsmechanismen enthalten Nutzer-orientierte Technologien und Arbeitsmarklösungen“ sagt Mona Truelsen, die Projektmanagerin von „Nordischen Wohlfahrtslösungen“.
„Mit den Nord-Ländern, welche die Anpassungen im Gesundheitswesen leiten, sind neue Möglichkeiten aufgekommen, um Lösungen und Konzepte auf den Markt zu bringen. Die Anpassungen in der Gesundheitsversorgung, welche die Nord-Länder durchlaufen, schaffen Möglichkeiten Lösungen für künftige Gesundheitssysteme zu finden weit früher als in anderen Ländern, wo die Anpassung nicht im selben Schritttempo erfolgt“, erklärte sie.
Truelsen verweist auf den umfangreichen Einsatz von Telemedizin und elektronischen Gesundheitssystemen (E-Health-Systems) sowie die Bereitstellung von Patienten-Daten für alle. „Die Nord-Länder sind führend in der nachhaltigen Bewirtschaftung von Krankenhäusern… In der Nord-Region wurden auch nachhaltige Umweltschutz-Lösungen entwickelt, aufgrund von einschneidenden Gesetzen und Regelungen auf Gebieten wie Bauwirtschaft und Abfall-Management“ meinte sie.
Nordische „Wohlfahrtslösungen“ sprechen die SDGs 3 (Gesundheit und Wohlbefinden), 9 (Industrie, Innovation und Infrastruktur) und 12 (verantwortlicher Konsum und verantwortliche Produktion) an.
Das letzte Flaggschiff-Projekt, Nordische „Lebensmittelpolitik-Anstrengungen“ soll dazu ermutigen, nordische Politik-Lösungen anzuwenden, als einen Weg, so zur Bewältigung der Ernährungs-Angelegenheiten beizutragen, die in den SDGs als Herausforderungen umrissen werden. Die Intension besteht darin, die Verbraucher dazu zu bringen, bei der Auswahl von Lebensmitteln die Nachhaltigkeit zu berücksichtigen.
Die russisch-dänische Aktivistin Selina Juhi hat 2008 die sehr erfolgreiche Bewegung „Stoppt Lebensmittel-Verschwendung“ (“Stop Wasting Food-Movement“) in Dänemark gegründet, die dort zu einer enormen Verminderung der Lebensmittelabfälle geführt hat.
„Selinas Arbeit – zusammen mit anderen, nordischen Initiativen zu Nahrungsmittelabfällen – wird auch Teil der Arbeit der „Nordischen Nahrungsmittel-Politik-Anstrengungen“ sein“, sagt Koordinator Mads Frederik Fischer-Moller.
„Im Ausland besteht großes Interesse an unserer Politik. Letzte Woche war ich in Holland und derzeit bin ich in Schottland und rede sowohl mit dem Parlament als auch mit der Regierung… die EU interessiert sich sehr für den Nahrungsmittelverschwendungs-Ansatz, viele Länder interessieren sich für Ernährungs- und Nahrungsmittel-Kultivierungs-Politik. Regionale Regierungen möchten die Ernährungs-Innovationen der Neuen Nordischen Küche erlernen. Und ich könnte noch immer weiter fortfahren. Alles in allem meinen wir, dass es eine äußerst große Nachfrage nach den Errungenschaften der entwickelten Ländern gibt.
Unabhängig von der Nordischen Initiative kündigte Schweden am 15. Juni 2017 an, dass es bis 2045 „Kohlenstoff-neutral“ sein wird. Sein Klimaschutz hat das Endziel, bis zu diesem Zeitpunkt keine Netto-Treibhausgas-Emissionen mehr zu haben, hat aber auch neue Zwischenziele für 2030 und 2040 gesetzt. IDN-InDepth-News – 18. Juni 2017)
Foto: Führungskräfte der fünf größten nordischen Länder geben Unterstützung für nachhaltige Entwicklungsziele (SDGs) bekannt
Quelle: Nordic Cooperation